Der stille Rückzug oder kleine Brötchen zu Gottes Ehre. / Artikel Rudolf Möckel / KAE RM 00 2001-05-01
Weitgehend unbemerkt von der evangelikalen und kirchlichen
Öffentlichkeit nimmt seit einigen Jahren eine Bewegung Konturen an, die
reichlich Anlass zum Nachdenken gibt, weil sie ein bezeichnendes Licht auf
die kirchliche Gesamtsituation in unsrem Lande wirft. Es ist die Bewegung
des "Stillen Rückzugs" aus Gemeinden und Gemeinschaften. Es ist die
Bewegung hinein in die Häuser.
Lange Zeit als bloßes Randphänomen unterschätzt, hat diese Bewegung
mittlerweile eine Größe erreicht, die guten Gewissens nicht mehr ignoriert
werden kann. Mehr und mehr ziehen sich Christen aus Kirchen, Gemeinden,
Gemeinschaften und Verbänden zurück, denen sie lange treu angehört haben,
aber nun nicht mehr angehören können oder wollen. Jenseits des kirchlich
bzw. freikirchlich verfassten Christentums leben sie ihr Christsein in
Hausgruppen, Hauskreisen und Hausgemeinschaften.
Was sind die Gründe dafür? Was sind die Hintergründe?
Faktisch ist es so, dass eine wachsende Anzahl von Christen unter
grassierender geistlicher Heimatlosigkeit leiden. Sie finden in erreichbarer
Nähe vor Ort keine Gemeinde oder Gemeinschaften mehr, der sie sich guten
Gewissens zuordnen könnten: In ihrer Landeskirchlichen Gemeinde werden sie
nicht selten mit bibelkritischen, politisierenden bzw. psychologisierenden
Predigten konfrontiert, die den Hunger nach klarer biblischer Verkündigung,
nach geistlicher Gemeinschaft und biblischer Seelsorge ungestillt lassen.
In den freikirchlichen Gemeinden vor Ort begegnen sie oftmals charismatisch
geprägtem Gemeindeleben, das sie aus guten (biblischen) Gründen so nicht
mitmachen können. In den Gemeinschaften stoßen sie immer wieder auf eher
kurzlebige neue Trends in Evangelisation und Gemeindeaufbau, die das Leben
der Mitglieder unübersehbar (manchmal auch polarisierend) beherrschen.
Die Folge ist Heimatlosigkeit. Eine wachsende Zahl von Christen schafft es
– trotz vorhandenen guten Willens – nicht mehr, in Gemeinden und
Gemeinschaften vor Ort Fuß zu fassen.
*) Der Auszug ist dem "Informationsbrief" Nr. 204/01 der
Bekenntnisbewegung "Kein anderes Evangelium" entnommen.
(www.keinanderesevangelium.de
/ Gottfried.Meskemper@t-online.de
Grundsätzlich ist ja gegen christliche Hauskreise sicherlich
nichts einzuwenden. Das bestätigt auch der obige Autor in der weiteren Folge
seiner Ausführungen. Im Gegenteil: wie wir besonders den paulinischen Briefen
entnehmen können, waren Hauskreise die gemeindliche Basis des Urchristentums.
Hier einige Beispiele dafür:
Grüßt Priska und Aquila und die Gemeinde in ihrem Haus!
Röm 16,3 Grüßt Priska und Aquila, meine
Mitarbeiter in Christus Jesus 16,4 – die für mein Leben ihren eigenen Hals
preisgegeben haben, denen nicht allein ich danke, sondern auch alle Gemeinden
der Nationen – 16,5 und die Gemeinde in ihrem Haus! Grüßt Epänetus,
meinen Geliebten, welcher der Erstling Asiens ist für Christus! Röm 16, 3- 5;
Ich habe aber auch das Haus des Stephanas getauft.
1Kor 1,14 Ich danke Gott, daß ich niemand von euch
getauft habe außer Krispus und Gajus, 1,15 damit nicht jemand sage, ihr seiet
auf meinen Namen getauft worden. 1,16 Ich habe aber auch das Haus des
Stephanas getauft; sonst weiß ich nicht, ob ich noch jemand getauft habe.
1Kor 1,14-16;
Grüßt Nympha und die Gemeinde in ihrem Haus!
Kol 4,14 Es grüßt euch Lukas, der geliebte Arzt,
und Demas. 4,15 Grüßt die Brüder in Laodizea und Nympha und die Gemeinde
in ihrem Haus! Kol 4,14-15;
Grüße Priska und Aquila und das Haus des Onesiphorus!
2Tim 4,18 Der Herr wird mich retten von jedem
bösen Werk und mich in sein himmlisches Reich hineinretten. Ihm sei die
Herrlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. 4,19 Grüße Priska und
Aquila und das Haus des Onesiphorus! 2Tim 4,18-19;
Der Text oben, aus Röm 16,3-5: "Grüßt Priska und Aquila und
die Gemeinde in ihrem Haus!" zeigt uns deutlich, dass sich die Gemeinde zu
dieser Zeit in privaten Familien und ihren Häusern lokalisierte und –
umgekehrt zur heutigen Praxis, wo die Gläubigen in den Gemeindesaal zum
Prediger kommen – die Prediger, wie Paulus, in die Häuser kamen, um das
Evangelium zu verkündigen.
Doch schon etwa vierzig Jahre später, als die Offenbarung des
Johannes niedergeschrieben wurde, erkennen wir in den Adressaten der sieben
Sendschreiben, dass es sich hier um christliche Gemeinden jeweils einzelner
Städte handelt.
Die Gemeinde in Ephesus.
Off 2,1 Dem Engel der Gemeinde in Ephesus
schreibe: Dies sagt der, der die sieben Sterne in seiner Rechten hält, der
inmitten der sieben goldenen Leuchter wandelt: Off 2, 1;
Die Gemeinde in Smyrna.
Off 2,8 Und dem Engel der Gemeinde in Smyrna
schreibe: Dies sagt der Erste und der Letzte, der tot war und wieder lebendig
wurde. Off 2, 8;
Die Gemeinde in Pergamon.
Off 2,12 Und dem Engel der Gemeinde in Pergamon
schreibe: Dies sagt der, der das zweischneidige, scharfe Schwert hat: Off 2,12;
Der Gemeinde in Thyatira.
Off 2,18 Und dem Engel der Gemeinde in Thyatira
schreibe: Dies sagt der Sohn Gottes, der Augen hat wie eine Feuerflamme und
Füße gleich glänzendem Erz: Off 2,18;
Die Gemeinde in Sardes.
Off 3,1 Und dem Engel der Gemeinde in Sardes
schreibe: Dies sagt der, der die sieben Geister Gottes und die sieben Sterne
hat: Ich kenne deine Werke, daß du den Namen hast, daß du lebst, und bist tot.
Off 3,1;
Die Gemeinde in Philadelphia.
Off 3,7 Und dem Engel der Gemeinde in
Philadelphia schreibe: Dies sagt der Heilige, der Wahrhaftige, der den
Schlüssel Davids hat, der öffnet, und niemand wird schließen, und schließt,
und niemand wird öffnen: Off 3, 7;
Die Gemeinde in Laodizea.
Off 3,14 Und dem Engel der Gemeinde in Laodizea
schreibe: Dies sagt der «Amen», der treue und wahrhaftige Zeuge, der Anfang
der Schöpfung Gottes: Off 3,14;
Alle sieben Sendschreiben sind an christliche "Stadtgemeinden"
adressiert und beinhalten einerseits eine Beurteilung – also Lob und Tadel -
des Verhaltens und Glaubenslebens dieser Gemeindemitglieder, als auch bei
einigen die Aufforderung zur Verhaltensänderung.
(Siehe auch Exkurs 02: "Die
sieben Sendschreiben".)
Obwohl wir nun auch aus den Briefen des Paulus’ vereinzelt
tadelnde Worte für manche Hausgemeinschaften und einzelne Gläubige kennen, ist
doch beispielsweise das Urteil des Herrn über die Gemeinde von Laodizea, hier
unten, ein ungewöhnlich ernstes.
Weil du lau bist und weder heiß noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.
Off 3,15 Ich kenne deine Werke, daß du weder kalt
noch heiß bist. Ach, daß du kalt oder heiß wärest!
3,16 Also, weil du lau bist und weder heiß noch kalt, werde ich dich
ausspeien aus meinem Munde. 3,17 Weil du sagst: Ich bin reich und bin
reich geworden und brauche nichts, und nicht weißt, daß du der Elende und
bemitleidenswert und arm und blind und bloß bist, 3,18 rate ich dir, von mir im
Feuer geläutertes Gold zu kaufen, damit du reich wirst; und weiße Kleider,
damit du bekleidet wirst und die Schande deiner Blöße nicht offenbar
werde; und Augensalbe, deine Augen zu salben, damit du siehst. Off 3,15-18;
Dies zeigt, dass in diesen vierzig Jahren nicht nur die
Entwicklung von Hausgemeinschaften zu größeren städtischen Christengemeinden
vollzogen wurde, sondern auch, dass damit die äußeren, unbiblischen Einflüsse
in einzelnen Gemeinden stärker wurden und die ganze Gemeinde dadurch geistigen
Schaden erlitten hat.
Und dies scheint nun auch eines der großen Probleme in unserer Zeit zu sein. So
lange es sich um Hausgemeinschaften im Rahmen von etwa 10 – 20 Personen
handelt, ist dies überschaubar. Die Menschen kennen sich gegenseitig sehr gut,
es sind fast familiäre Verhältnisse. Obwohl sich im Laufe der Zeit immer der
Eine oder Andere findet, der in bestimmten Aufgabengebieten, wie Bibelstudium,
Predigt, Seelsorge etc. die besseren Fähigkeiten hat und daher mehr oder
weniger federführend tätig ist, gibt es doch in den meisten Fällen keine
dedizierte Führungsfunktion.
Ganz anders in großen Gemeinden. Hier geht es gar nicht ohne eine
Gemeindeleitung. Die Aufgaben sind vielfältig und nehmen so viel Zeit in
Anspruch, dass in vielen Fällen nach dem ersten Versuch, diese Funktion mit
einem Gemeindemitglied zu besetzen, das diese Tätigkeit in seiner Freizeit
ausübt, sehr bald erkannt werden muss, dass es sich hierbei um einen
Fulltimejob handelt und daher wird dann ein berufsmäßiger Gemeindeleiter
engagiert.
Und hier kommt nun ein Phänomen zum Tragen, welches wir alle auch aus dem
Berufsleben kennen: speziell in der ersten Phase dieser Entwicklung, wo
Geschwister in ihrer Freizeit die Leitungsfunktion ausüben, erheben sich sehr
bald kritische Stimmen, welche meinen, man müsste dieses und jenes besser
machen. Die Folge davon sind oft Streitereien und Querelen, welche natürlich
auch das Gemeindeleben beeinflussen und die Stimmung aufheizen. Es kommt dann
auch zu Gruppenbildungen und kleinen Machtblöcken, deren Vertreter zwar
öffentlich noch eine gewisse Einigkeit zeigen. A la longue gelingt es aber
selten, die Machtkämpfe hinter den Kulissen zu verbergen.
Nachdem das Klima in der Gemeinde und unter den Gemeindemitgliedern immer mehr
unter dieser Situation leidet, glaubt man dann durch einen Vollzeitleiter diese
Probleme lösen zu können und tritt damit in die zweite Phase des Geschehens
ein.
Abhängig vom Charakter und der Einstellung des neuen Mannes an der Spitze, wird
er entweder ein starker oder ein schwacher Leiter sein. In beiden Fällen jedoch
wird er das eigentliche Problem dieser Gemeinde nicht lösen, sondern
bestenfalls unterdrücken können. Es schwelt weiter im Untergrund und wartet
auf einen günstigen Moment, um wieder auszubrechen. Dieses Problem ist nämlich
nicht die Leitungsperson, sondern es sind – meistens – einige wenige
Gemeindemitglieder, welche immer und überall meinen, die Dinge besser zu
wissen. Wir kennen alle diese Situation aus dem Berufsleben: wo es um Positionen
und Funktionen geht, gibt es meist auch bald einige Besserwisser, denen alles zu
langsam oder zu schnell, zu vage oder zu konkret etc. gemacht wird. Es ist also
fehlgeleiteter Ehrgeiz, Eifersucht, Besserwisserei und nicht zuletzt
Machtstreben, welche zu derartigen Situationen führen.
Vielerorts versucht man dann – in einer dritten Phase dieser Entwicklung –
durch ein kollektives Führungsgremium, einen "Bruderrat", "Leitungskreis"
oder wie immer man das dann benennt, welches parallel zum Vollzeitleiter agiert,
diese Aggressionsherde einzudämmen. Leider werden aber hier dann wieder genau
jene Leute berufen, welche auch vorher schon ihr eigenes Süppchen gekocht
haben, und damit beginnt die ganze Geschichte von vorne.
Wie recht deutlich zu erkennen, geht es hier noch gar nicht um jene Gruppen,
welche falsche und unbiblische Lehren verkünden. Es handelt sich hier um
lehrmäßig einwandfreie Gemeinden, in welchen es durch die charakterliche
Prägung einiger ihrer Mitglieder und die Unfähigkeit der anderen Geschwister,
diese in ihre Schranken zu weisen, immer wieder zu Konflikten kommt und dazu
führt, dass sich wertvolle Brüder und Schwestern aus dem Gemeindeleben
verabschieden.
(Siehe auch Diskurs 60: u"Wann
sollte ein Christ eine Gemeinde verlassen?")
Wie bereits R. Möckel im eingangs zitierten Auszug erwähnt,
sieht sich der bibeltreue Christ in manchen Gemeinden aber auch immer mehr mit
unbiblischen – z. B. charismatischen – Tendenzen konfrontiert, welche er guten
Gewissens so nicht mitmachen kann. Wenn man als Besucher in einer derartigen
Gemeinde seine (biblische) Meinung zum Ausdruck bringt und diese differiert zum
praktizierten Gruppenverhalten – z. B. Zungenreden in einer charismatischen
Gemeinde – wird man sofort zum Feindbild und lässt sich dort am Besten nicht
mehr sehen.
Zunehmend gibt es aber auch in vielen Gemeinden den Trend zur Einheitskirche.
Das gilt nicht nur für die Protestanten, welche durch die Unterschrift ihrer
Kirchenobersten unter der "Gemeinsamen Offiziellen Feststellung" (GOF) zur
Rechtfertigungslehre, am 31. Oktober 1999 in Augsburg faktisch die katholische
Oberhoheit in Fragen der christlichen Religion anerkannt haben, sondern auch und
insbesondere für unseren evangelikalen Bereich.
(Siehe auch den Diskurs 32: "Kommentar
zur Erklärung "Dominus Jesus" der katholischen Glaubenskongregation".)
So berichtet Dave Hunt in seinem Buch "Die okkulte
Invasion" (CLV Verlag, ISBN 3-89397-272-2), Seite 594, von der "Promise-Keepers"-Konferenz
in den USA, wo 39.000 Kirchenleute zusammenkamen. Der Gründer der
Promise-Keepers, Bill McCartney sagte bei der Eröffnung: "Hier wird ein Traum
wahr (...) es ist faszinierend zu sehen, dass die Barrieren der Denominationen
abgerissen werden. Protestanten wie Katholiken [und Mormonen] sind hier
zusammen. Der Zweck dieses Treffens ist die Einheit der Kirche." Diese
Konferenz brachte den ÖRK, das NCC, Pfingstler und Charismatiker, Evangelikale,
Mormonen und Katholiken einschließlich 600 Priester zusammen.
Und Dave Hunt schreibt dann weiter:
"Vizepräsident Dale Schlafer, der die
Konferenz organisierte, erklärte, diese neue Einheit sei nicht auf Lehre
gegründet, sondern auf Beziehungen. Tom Watson, Gemeindeleiter aus Texas
warnte:
‘Sollte es uns nicht Sorgen machen, dass der Ruf zur Einheit auf Kosten der
Lehre nicht nur von den Evangelikalen ausgeht, sondern auch von dem abgefallenen
ÖRK und von New Agern, die ihre Weisheit von jenseitigen Wesen beziehen? Warnt
die Schrift uns nicht, dass dieser Tag kommen werde (2Tim 4,3-4)?’
Das Anliegen für Moral und Ökologie wird zur Entschuldigung für die
Kompromittierung des Glaubens. Kenneth S. Kantzer, ein früherer
Herausgeber der Zeitschrift Christianity Today (CT) schrieb:
‘Aufgrund der Verbreitung der moralischen Verderbnis, die die Wurzeln einer
freien und gerechten Gesellschaft zerstört, haben wir Evangelikalen es dringend
nötig, uns mit unseren katholischen Nachbarn zusammenzuschließen. Und mit den
Mormonen, konservativen Juden und Säkularisten, die unsere Werte teilen (...).’
Hätte Jesus sich in einer solchen Koalition zur moralischen Besserung mit den
Rabbis zusammengetan, dann wäre er sicherlich ein großer, ethischer Reformer
geworden, der viel Gutes erreicht hätte – und alles, ohne ans Kreuz zu gehen."
Was heißt das aber nun konkret für unser Thema hier? Sollte
bibeltreuen Christen tatsächlich der Rückzug in die Hauskreise empfohlen
werden, um all diesen Gefahren zu entgehen?
Es muss den Verantwortlichen in den Gemeinden klar sein, dass dieser Trend in
Zukunft wahrscheinlich noch zunehmen wird. Obwohl die oben angeführten Gründe
alle sehr ernst und sehr gewichtig sind, sind sie aber wahrscheinlich nicht der
Hauptfaktor für die Abwanderung des Glaubens in die Privatsphäre. Das größte
Problem für die Gemeinden in den kommenden Jahren im Zusammenhang mit dem
Mitgliederschwund dürfte die Konkurrenz des Internets sein.
Bisher hatten frustrierte Gemeindemitglieder wenig Alternativen. Bei einem
Gemeindewechsel kamen sie oft vom Regen in die Traufe. Mit der Verfügbarkeit
des Internets und den zunehmenden religiösen Seiten, Internetportalen,
Religions- und Diskussionsforen, wird – wie man mittlerweile weiß: für alle
Altersschichten – der Zugang zu jedweder Information stark vereinfacht
und beschleunigt. Der große Vorteil dieses Mediums ist, dass man das Haus nicht
verlassen muss – ein Umstand der dem immer mehr um sich greifenden "cocooning"
sehr entgegenkommt – , und dass man die angebotene Information nicht
übernehmen muss, ja sogar mitten drin aussteigen kann. Zum Unterschied z. B.
von einer schwachen Predigt in der Gemeinde.
In den nächsten Jahren werden sich also viele Gemeindemitglieder ihre
Informationen – parallel zu Gemeindeveranstaltungen – auch aus dem Internet
holen. Und mit diesem Wissen werden die Menschen in der Gemeinde viel kritischer
auftreten, als wir es bisher gewohnt waren. Es wird daher auf die
Verantwortlichen in den Gemeinden eine schwierige Arbeit zukommen. Die falsche
Lehre wird sich im Internet noch viel schneller und effizienter ausbreiten, als
sie es jetzt in manchen Gemeinden kann. Aber es wird auch gute, biblisch
fundierte Informationen geben, und es wird am einzelnen Gläubigen liegen, was
er aufnimmt und was nicht. Und wenn er mit den aufgenommenen Informationen dann
in die Gemeinde geht und sie zur Diskussion stellt, liegt es an den
Verantwortlichen, wie sie darauf reagieren.
Hinsichtlich jener Christen, welche – der Not gehorchend –
den "Stillen Rückzug" in die Häuser bereits vollzogen haben, gibt der
eingangs zitierte Autor folgende Ratschläge:
"Zunächst gilt gewiß dies: Es ist keine Lösung,
mit dringlichem Appell dazu aufzufordern, sich schnellstmöglich einer Gemeinde
vor Ort anzuschließen. Denn eben dies haben die Leute oft jahrelang erfolglos
versucht. Es hilft auch nicht, mit moralisch erhobenem Zeigefinger, vor Spaltung
und Sektiererei zu warnen. Denn wir haben es ja gerade mit Christen zu tun, die
Christus gehorsam nachfolgen wollen und gerade darum keine andere Möglichkeit
mehr sehen, als den ‘Stillen Rückzug’ in die Hausgemeinschaft zu
vollziehen."
Soweit R. Möckel. – Hinzuzufügen wäre, wenn sich der eher
seltene Fall ergibt, und ein solches ehemaliges Gemeindemitglied aus irgendeinem
Grund wieder die Gemeinde kontaktiert und um Hilfe bittet, es das aller
Verkehrteste wäre, diesen Bruder oder diese Schwester abzuweisen. Diese "jetzt
werden wir es dir zeigen" – Mentalität ist nicht nur vom christlichen
Standpunkt aus abzulehnen, sondern zeigt sich auch im normalen Gemeindeleben
immer als kontraproduktiv, da genau in dieser Haltung die Ursachen auch für
andere, gemeindeinterne Probleme zu lokalisieren sind.
Für Hauskreise, welche Unterstützung suchen, hat die Bekenntnisbewegung "Kein
anderes Evangelium" folgende Hilfsangebote (für Deutschland):
1. Die Bekenntnisbewegung "Kein anderes Evangelium"
bietet selbständigen Hauskreisen und Hausgemeinschaften auf Anfrage die
Möglichkeit, kompetente Gesprächspartner in Sachen biblischer Lehre zu
vermitteln (z. B. für ein Wochenende). Gemeinsame Arbeit an der Bibel, Klärung
von anstehenden Fragen, aber auch gemeinsame Hausandachten füllen die
gemeinsame Zeit aus. Die Hausgemeinschaft erhält so Antworten auf brennende
Fragen und stärkende geistliche Nahrung. Nach ihren Möglichkeiten kommt sie
für entstandene (Fahrt-) Kosten auf.
2. Die Bekenntnisbewegung "Kein anderes Evangelium" plant
für die nahe Zukunft die Einrichtung eines "Freundeskreises", der in
angemessenen zeitlichen Abständen, Treffen und Versammlungen in der Region
durchführt. Einzelne Christen, aber auch ganze Hauskreise und
Hausgemeinschaften können diesem Freundeskreis beitreten. Sie beugen auf diese
Weise geistlicher Isolierung vor und finden eine geistliche Anbindung, ohne ihre
Unabhängigkeit und Selbständigkeit aufgeben zu müssen. Es versteht sich von
selbst, dass diese beiden Hilfsangebote kein Allheilmittel sind. Sie stellen
aber Sofortmaßnahmen dar, die mithelfen können, in einer kirchenpolitisch sehr
unübersichtlichen Gesamtlage vor Ort rasch und wirksam zu helfen. Selbständig
geführte Hauskreise und Hausgemeinschaften können angesichts der weithin
sichtbaren geistlichen Erosion in unserm Land gerade in Zukunft von wachsender
Bedeutung sein. Es lohnt sich, sie im Blick zu behalten.
Für jene Gemeindemitglieder, welche diesen Rückzug noch nicht
angetreten haben, ihn aber eventuell ins Auge fassen, könnten folgende
Ratschläge hilfreich sein:
Unter der Voraussetzung, dass Ihre Gemeinde die rechte, biblisch fundierte Lehre
hat, sollten Sie bei der Beurteilung von organisatorischen, personellen und
leitungsbezogenen Problemen bedenken, dass die verantwortlichen Geschwister auch
nur Menschen sind. Achten Sie aber darauf, dass Sie nur fähige und für ihre
Aufgabe – auch nach biblischen Gesichtspunkten, wie sie uns Paulus unten, in
Titus 1,5-9 vorgibt – qualifizierte Geschwister in ein Amt wählen.
Denn der Aufseher muß untadelig sein als Gottes Verwalter.
Tit 1,5 Deswegen ließ ich dich in Kreta zurück,
damit du, was noch mangelte, in Ordnung bringen und in jeder Stadt Älteste
einsetzen solltest, wie ich dir geboten hatte,
- 1,6 wenn jemand untadelig ist, Mann einer Frau,
gläubige Kinder hat, die nicht eines ausschweifenden Lebens beschuldigt oder
aufsässig sind.
- 1,7 Denn der Aufseher muß untadelig sein als
Gottes Verwalter, nicht eigenmächtig, nicht jähzornig, nicht dem Wein ergeben,
nicht ein Schläger, nicht schändlichem Gewinn nachgehend,
- 1,8 sondern gastfrei, das Gute liebend, besonnen,
gerecht, heilig, enthaltsam,
- 1,9 der an dem der Lehre gemäßen zuverlässigen
Wort festhält, damit er fähig sei, sowohl mit der gesunden Lehre zu ermahnen
als auch die Widersprechenden zu überführen.
Tit 1,5-9;
Wenn Sie diese Gemeinde tatsächlich verlassen wollen, weisen
Sie die Gemeindeleitung vorher auf den beabsichtigten Schritt hin und beobachten
Sie die Reaktion. Sind diese Leute offen und gesprächsbereit und versuchen sie
auf Ihre Argumente einzugehen oder blocken sie ab und geben Ihnen zu verstehen,
dass es ohnehin besser wäre, wenn Sie gehen würden.
Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass in einer größeren Gemeinde
natürlich immer wieder Probleme auftreten können, welche in einer
Hausgemeinschaft aufgrund der völlig anderen Struktur nicht zu erwarten sind.
Dafür gibt es aber dort andere Probleme, welche auch erst bewältigt werden
müssen.
Und wenn Sie in einer Gemeinde sind, mit eindeutiger, biblisch fundierter Lehre
und Verkündigung, mit Brüdern und Schwestern in Christus, welche diese
Bezeichnung auch tatsächlich verdienen und mit leitenden Geschwistern, welchen
das Wort des Herrn:
Wenn jemand der Erste sein will, soll er der Letzte von allen und aller Diener sein.
Mk 9,35 Und er setzte sich, rief die Zwölf, und er
spricht zu ihnen: Wenn jemand der Erste sein will, soll er der Letzte von
allen und aller Diener sein. Mk 9,35;
in seiner wortwörtlichen Bedeutung in der Gemeinde leben, dann
preisen Sie den Herrn und vergessen Sie nicht es auch den Geschwistern – sowohl
innerhalb als auch außerhalb der Gemeinde – immer wieder vor Augen zu
führen. Der Herr hat Sie und diese Gemeinde gesegnet.