Körperbild auf dem
Turiner Grabtuch ist nicht erklärbar / Studie der nationalen
italienischen Energie- und Umweltagentur (ENEA)
Neue Analyse datiert das Turiner
Grabtuch ins erste Jahrhundert. / Grenzwissenschaft aktuell 00,
2012-02-28
Der Körper des Mannes auf dem
Turiner Grabtuch
Das Turiner Grabtuch. 1. Teil, Diskurs 87
Negativ-Ansicht der Gesichts- und Rückseite des Turiner Grabtuchs.
Copyright: 1978 Barrie M. Schwortz Collection, STERA, Inc.
Frascati / Italien – Fünf Jahre lang haben Wissenschaftler im
Zentrum der nationalen italienischen Energie- und Umweltagentur (ENEA) in
Frascati dem Turiner Grabtuch gewidmet und kommen in ihrem nun vorgelegten
Abschlussbericht von 2010 zu dem Schluss, dass es für die Merkmale des Abbildes
auf dem Grabtuch, das den Körperabdruck eines Gekreuzigten zeigt, das seit
Jahrhunderten von Gläubigen als Grabtuch Christi verehrt und von Kritikern als
aufwändiger Schwindel bezeichnet wird, selbst mit modernsten Mitteln und
Technologie nicht reproduziert werden können.
In ihren Experimenten haben die Forscher um Paolo Di Lazzaro, Daniele Murra,
Enrico Nichelatti und Antonino Santoni die Verfärbungen auf bzw. in dem Leinen
untersucht, durch die sich der Körperabdruck auf dem Leinen abzeichnet. Ziel
der Experimente war es "zu verstehen, wie dieses Abbild auf dem Grabtuch
auf eine Art und Weise entstehen konnte, dass dieses bis heute eine derart
große und radikale Herausforderung (für die Wissenschaft) darstellt. (...) Wir
wollten jene physischen und chemischen Prozesse identifizieren, die zu einer
Verfärbung von Leinen führt, wie wir sie auf dem Turiner Grabtuch sehen",
so die Wissenschaftler.
Anhand der einzigen bislang durchgeführten Analyse einer Probe aus dem
Grabtuch, kam ein internationales Team interdisziplinärer Wissenschaftler 1978
(Shroud of Turin Research Project, Inc. – STURP.) zwar zu dem Schluss, dass das
beidseitige Abbild des Körpers nicht aufgemalt, gedruckt oder durch Hitze auf
das Tuch gebracht wurde (da sich das Abbild nur auf der absolut äußersten
Zellschicht des Leinenstoffs, nicht aber darunter befindet), doch ordnete eine
Radiokarbondatierung (C14) der Probe dieses Stück des Leinens dieses dem
frühen 14. Jahrhundert zu und schien so das Grabtuch zunächst also als
mittelalterliche Fälschung zu entlarven.
Später kamen dann jedoch nicht nur Zweifel an der Aussagekraft der Datierung
für das gesamte Grabtuch auf – wurde dieses doch beispielsweise bei einem Brand
in der Schlosskapelle von Chambéry im Jahre 1532 teilweise beschädigt und
danach ausgebessert. Selbst der für die einstige C-14-Datierung des Grabtuch
verantwortliche Oxford-Professor Christopher Ramsey gestand im Frühjahr 2008
mögliche Fehler bei der Durchführung der Analyse, wie sie nahezu exakt die
zeitliche Differenz der Datierung des Tuches in das 14. Jahrhundert und seinem
angeblichen Verwendung bei der Grablegung Jesu erklären kann, ein.
Die STURP-Untersuchung kam letztendlich zu dem Schluss, dass der Körperabdruck
von einem bislang noch unbekannten Prozess hervorgerufen wurde, der zur
Oxidation, Dehydration und (chemischen) Konjugation in der Zellulosestruktur im
Leinen selbst geführt hatte. Kurz: Die Verfärbung war bzw. ist das Ergebnis
eines beschleunigten Alterungsprozesses des Leinens.
Doch wie und durch welchen Prozess genau das Abbild auf dem Leinen entstanden
ist, bleibt bis heute ein Rätsel. Zwar hatte es in den vergangenen Jahrzehnten
immer wieder Versuche gegeben, mit den unterschiedlichsten Methoden und Mitteln
das Turiner Grabtuch zu reproduzieren, doch gelang es keinem dieser Experimente
alle mikro- und makroskopischen Eigenschaften, wie sie im Original versammelt
sind, zu reproduzieren und so das Gesamtbild zu erklären.
Auch die ENEA-Wissenschaftler widmeten sich dieser Frage und gingen zunächst
von zwei Möglichkeiten aus, wie das Tuch – ob nun zur Grablegung Jesu oder
einer zeitgenössischen anderen Person oder im Mittelalter – auf dem Körper
platziert gewesen sein könnte: Zum einen könnte der Körper mehr oder weniger
frei zwischen den beiden Tuchseiten (sozusagen "auf" der Rückseite
und "unter" der Vorderseite des Tuchs) gelegen haben, wobei es nur an
einigen Stellen zu einem direkten Körperkontakt des Tuches gekommen wäre. Die
zweitüberalle Variante geht davon aus, dass das Leinen – durch Öle und
Binden gehalten – direkt an den Körper selbst gepresst wurde und somit mit
diesem nahezu überall in direktem Kontakt stand.
"Die erste Methode wird durch den Umstand gestützt", zitiert der
"vaticaninsider.lastampa.it" aus dem ENEA-Bericht, "dass es ein
präzises Verhältnis zwischen der Intensität des Abbildes und der jeweiligen
Abstände des Körpers auf dem Tuch gibt. Zudem ist das Abbild auch an Stellen
vorhanden, an welchen der Körper in diesem Szenario wahrscheinlich nicht in
direktem Kontakt zu Tuch stand. Die zweite Methode ist deshalb
unwahrscheinlicher, weil geometrische Verformungen eines dreidimensionalen
Körpers, wie sie typischerweise in Kontakt mit einem zweidimensionalen Tuch
auftreten, auf dem Turiner Grabtuch nicht vorhanden sind. Aus diesem Grund gehen
wir davon aus, dass das Abbild also nicht durch den direkten Kontakt des
Körpers mit dem Leinen entstanden ist."
Positiv- (l.) und Negativansicht (r.) der Kopfpartie des Turiner Grabtuches
Copyright: Public Domain
Diese Vermutung werde durch die Abwesenheit von Pigmenten auf
dem Tuch selbst gestützt, weswegen die Forscher einen chemischen Prozess durch
den Kontakt des Körpers (ob nun auf natürlichem, künstlich herbeigeführtem
oder übernatürlichem Wege) zustande gekommen ist ausschließen. "Es gibt
zudem kein Bild an jenen Stellen des Tuchs, die mit Blut befleckt sind. Das
bedeutet, dass diese Blutspuren auf das Leinen gekommen waren, bevor das Bild
entstand. Das Abbild des Körpers selbst entstand also erst nachdem der (die
Blutflecken erzeugende) Körper auf das Leinen gelegt wurde. Da die Blutflecke
selbst alle saubere Ränder aufweisen und nicht verschmiert wurden, wurde der
Körper danach offenbar auch nicht mehr (vom Leinen) bewegt." Zudem fänden
sich auf dem Tuch keine Anzeichen eingetretener Fäulnis rund um die Positionen
der Körperöffnungen, wie sie für gewöhnlich etwa 40 Stunden nach dem Tod
auftreten. "Aus diesem Grund gibt es also auch keine Hinweise darauf, dass
das Abbild von Fäulnisgasen hervorgerufen wurde. Zudem lag der Körper also
auch nicht länger als zwei Tage auf bzw. in dem Leinen."
Offen für eine Vielzahl bereits kontrovers diskutierter
Entstehungsmöglichkeiten des sonderbaren Körperbildes, untersuchten die
ENEA-Forscher auch die Theorie, nach der das Abbild durch eine – wie auch immer
geartete – Form von elektromagnetischer Energie – etwa durch einen ebenso kurzen
wie starken Blitz kurzwelligen Lichts – auf das Tuch gebracht wurde. Eine solche
Erklärung könnte zumindest zahlreiche Eigenschaften des Abbildes auf dem Tuch
- etwa die hauchdünne Verfärbung oder den Umstand, dass das Abbild auch an
jenen Stellen des Tuchs zu sehen ist, die offenbar nicht direkt mit dem Körper
in Kontakt waren sowie die Abwesenheit von Pigmenten, erklären.
In ihren Experimenten versuchten die Forscher sich an der Herstellung einer
vergleichbaren Verfärbung mit Hilfe eines CO2-Lasers. Hierbei entstanden jedoch
ein zu tief ins Gewebe eingedrungenes Abbild und zahlreiche angekohlte Fasern,
wie sie nicht Teil des Turiner Grabtuchs sind.
Stattdessen erbrachten Versuche mit Hilfe einer kurzen aber intensiven
Vakuum-Ultraviolett-Be-Strahlung (VUV), dass auf diese Weise entsprechendes
Leinen derart verfärbt werden kann, wie sie zahlreichen Eigenschaften des
Turiner Grabtuchs entspricht, darunter etwa Farbschattierungen, die
Oberflächenverfärbung, die nur die absolut äußerte Faserschicht betrifft
sowie die Abwesenheit von Fluoreszenz.
Allerdings heben die ENEA-Wissenschaftler den Umstand hervor, dass "die
hierzu notwendige Stärke der VUV-Strahlung auf die (Körper-)Oberfläche des
Abbildes auf dem Leinen übertragen, einer Intensität von
Vierunddreißigtausendmilliarden Watt entsprechen würde, wie sie selbst mit
heutigen entsprechenden Lasern Einzellasern nicht erreicht wird."
Auch wenn sie also eine ähnliche Verfärbung von Leinen reproduzieren konnten,
so erläutern die Forscher abschließend, dass es ihnen "nicht gelungen
sei, alle Merkmale des Turiner Grabtuch zu reproduzieren." So sei
beispielsweise der Farbgradient, also der Farb- bzw. Helligkeitsübergang, wie
er auf dem Original zu sehen ist, nicht erreicht worden.
Die eigene Unfähigkeit, die Merkmale des Turiner Grabtuchs selbst unter
Anwendung modernster Technologien und im Labor zufriedenstellend zu
reproduzieren, lässt die Forscher resümieren, dass es ihnen nicht möglich
sei, eine glaubwürdige Hypothese dafür zu formulieren, wie das Abbild auf das
Leinen gekommen sei. -
Grenzwissenschaft
aktuell: Turiner Grabtuch unerklärbar
Turin (Italien) – In einem neuen Buch legen Giulio Fanti,
Professor für mechanisch-thermische Forschung an der Università degli Studi di
Padova, und der Journalist Saverio Gaeta die neusten Untersuchungsergebnisse zum
Turiner Grabtuch vor. Das als Reliquie verehrte Leinen zeigt einen
fotografieartigen Abdruck eines gekreuzigten Mannes und gilt der katholischen
Kirche als das Grabtuch Christi. Während eine Altersbestimmung in den 1980er
Jahren das Tuch ins Mittelalter datierte und somit eine Fälschung nahe legte,
wurden schon zuvor Zweifel an dieser Analyse laut, die sich nun zu bestätigen
scheinen. Laut Fanti stammt das Leinen nun doch aus dem ersten Jahrhundert.
Die neuen chemischen und mechanischen Untersuchungen wurden demnach an der
Università degli Studi di Padova durchgeführt und werden in dem Buch "Il
Mistero della Sindone" (Das Mysterium des Grabtuchs) und ebenso in einem
noch nicht genannten wissenschaftlichen Fachmagazin veröffentlicht werden.
Die proben selbst stammen von dem 2008 verstorbenen Mikroanalytiker Giovanni
Riggi di Numana, der an den Analysen 1988 selbst beteiligt war, zuvor jedoch den
Forschern noch kleinste Faserproben der damaligen Probenentnahme zu Verfügung
stellen konnte.
Untersuchungen gehören demnach Analysen mittels infraroten Lichts (FT-IR) und
eine Raman-Spektroskopie, mit der unter anderem die Materialeigenschaften von
Pigmenten untersucht werden kann. Zudem die Gewebeproben des Grabtuchs
mechanischen Tests unterworfen und mit den Eigenschaften von Fasern von 20
bekannten und sicher datierten Stoffen aus der zeit zwischen 3000 v.Chr. und
2000 n.Chr.) verglichen.
Mehrere (bislang nicht genannte) an den Untersuchungen beteiligte
Wissenschaftler und Professoren verschiedener italienischer Universitäten
sollen demnach darin übereinstimmen, dass das Turiner Grabtuch nun doch aus der
Zeit Jesu stammt.
Während die Infrarotuntersuchung das Leinen auf die Zeit zwischen 300 v. Chr.
(+/- 400) datiert, kommt die Datierung mit Hilfe der Raman-Spektroskopie auf
eine Datierung auf 200 v.Chr. (+/-500) und jene anhand der mechanischen Analysen
auf 400 v. Chr. (+/- 400). Der Durchschnitt liegt demnach bei 33 v. Chr. (+/-
200 Jahre) und damit Jahrhunderte von den Ergebnissen der C-14 Datierung von
1988 entfernt, die das Leinen als Werk des Mittelalters auswies.
Schon 2008 hatte der die C-14 Analysen leitende Oxford-Professor Christopher
Ramsey mögliche Fehler in der damaligen Datierung eingestanden und erklärt,
dass schon zwei Prozent Verunreinigung des untersuchten Leinens die Datierung um
rund 1500 Jahre verfälscht haben könnte. Eine von der Oxford University
angebotene Neuanalyse des Grabtuchs gab es bislang nicht.
Grenzwissenschaft aktuell: Turiner
Grabtuch stammt aus 1. Jahrhundert
Der Körper des Mannes auf dem Turiner Grabtuch
Video-clip Studio ASA – Italien, 2013-03-26
Das Turiner Grabtuch.
1. Teil, Diskurs 87